Gedichte und Zitate zum Thema Trauer, Tod und Sterben
Je schöner und voller die Erinnerung,
desto schwerer ist die Trennung.
Aber die Dankbarkeit verwandelt die Erinnerung in eine stille Freude.
Man trägt das vergangene Schöne nicht wie einen Stachel,
sondern wie ein kostbares Geschenk in sich.
(Dietrich Bonhoeffer)
Der Tod hat keine Bedeutung –
Ich bin nur nach nebenan gegangen.
Ich bleibe wer ich bin.
Und auch ihr bleibt dieselben.
Was wir einander bedeuten, bleibt bestehen.
Nennt mich mit einem vertrauten Namen,
sprecht in der gewohnten Weise mit mir
und ändert euren Tonfall nicht!
Hüllt euch nicht in Mäntel aus
Schweigen und Kummer-
Lacht wie immer über die kleinen Scherze,
die wir teilten.
Wenn ihr von mir sprecht,
so tut es ohne Reue und ohne jegliche Traurigkeit.
Leben bedeutet immer Leben- es bleibt bestehen-
immer- ohne Unterbrechung.
Ihr seht mich nicht, aber in Gedanken bin ich bei euch.
Ich warte eine Zeitlang auf euch-
Irgendwo, ganz in der Nähe-
Nur ein paar Straßen weiter.
(Henry Scott Holland)
Urne, Fruchtknoten des Mohns…
Urne, Fruchtknoten des Mohns –,
oh und die leichten, die roten
Blätter, die ihr unwissender Wind entriß…
Wie schon die Söhne des Sohns!
Alle sooft überboten,
jeder einzelne ungewiß.
Und da stürzt sich die Zeit weiter mit ihnen ins Tiefe;
was von den Stürzenden bleibt?
Ein verblichenes Bild und vergilbende Briefe
un in dem, der noch lebt, das, was keiner beschreibt.
Jenes Unsägliche, das wir unendlich beweinen…
Nicht wie Gazelle und Reh,
die in dem künftigen Tier heiter wiedererscheinen,
so verläßlich wie eh.
Unser Besitz ist Verlust. Je kühner, je reiner
wir verlieren, je mehr
(Rilke)
Abschied
Das Leben ist voller Gier und Streit,
– Hüte dich, kleines Vöglein! –
Viel große Schnäbel steh’n weit
Und böse offen und heiß bereit,
Dich zu zerreißen.
Dein Herzchen schwillt, dein Kehlchen klingt,
– Hüte dich kleines Vöglein! –
Der Geier kommt, der dich verschlingt;
Du, so beseelt und bunt beschwingt,
Zuckst in den Fängen.
Mir ist so bitterbang zumut,
– Hüte dich, kleines Vöglein!-
Ich weiß nun bald, wie sterben tut,
Und lass mich tragen von der Flut,
Die alles fortschwemmt.
(Otto Julius Bierbaum)
Das ist der Tod…
Ich fühle mehr und mehr die Kräfte schwinden;
Das ist der Tod, der mir am Herzen nagt,
Ich weiß es schon und, was ihr immer sagt,
Ihr werdet mir die Augen nicht verbinden.
Ich werde müd und müder so mich winden,
Bis endlich der verhängte Morgen tagt,
Dann sinkt der Abend und, wer nach mir fragt,
Der wird nur einen stillen Mann noch finden.
Dass so vom Tod ich sprechen mag und Sterben,
Und doch sich meine Wangen nicht entfärben,
Es dünkt euch mutig, übermutig fast.
Der Tod! – der Tod? Das Wort erschreckt mich nicht,
Doch hab ich im Gemüt ihn nicht erfasst,
Und noch ihm nicht geschaut ins Angesicht.
(Adelbert von Chamisso)
An den Tod
Halb aus dem Schlummer erwacht,
den ich traumlos getrunken,
Ach, wie war ich versunken
In die unendliche Nacht!
Tiefes Verdämmern des Seins,
Denkend nichts, noch empfindend!
Nichtig mir selber entschwindend,
Schatte mit Schatten zu eins!
Da beschlich mich so bang,
Ob auch, den Bruder verdrängend,
Geist mir und Sinne verengend,
Listig der Tod mich umschlang.
Schaudernd dacht ichs, und fuhr
Auf, und schloss mich ans Leben,
Drängte in glühndem Erheben
Kühn mich an Gott und Natur.
Siehe, da hab ich gelebt:
Was sonst, zu Tropfen zerflossen,
Langsam und karg sich ergossen,
Hat mich auf einmal durchbebt
Oft noch berühre du mich,
Tod, wenn ich in mir zerrinne,
Bis ich mich wieder gewinne
Durch den Gedanken an dich!
(Friedrich Hebbel)
Wem ein Geliebtes stirbt, dem ist es wie ein Traum,
Die ersten Tage kommt er zu sich selber kaum.
Wie er’s ertragen soll, kann er sich selbst nicht fragen;
Und wenn er sich besinnt, so hat er’s schon ertragen.
(Friedrich Rückert)
Wenn einer starb, den du geliebt hienieden,
So trag hinaus zur Einsamkeit dein Wehe,
Dass ernst und still es sich mit dir ergehe
Im Wald, am Meer, auf Steigen längst gemieden.
Da fühlst du bald, dass jener, der geschieden,
Lebendig dir im Herzen auferstehe;
In Luft und Schatten spürst du seine Nähe,
Und aus den Tränen blüht ein tiefer Frieden.
Ja, schöner muss der Tote dich begleiten,
Ums Haupt der Schmerzverklärung lichten Schein,
Und treuer – denn du hast ihn alle Zeiten.
Das Herz auch hat sein Ostern, wo der Stein
Vom Grabe springt, dem wir den Staub nur weihten;
Und was du ewig liebst, ist ewig dein.
(Emanuel Geibel)
Der Tod ist doch etwas so Seltsames, dass man ihn, unerachtet aller Erfahrung,
bei einem uns teuren Gegenstande nicht für möglich hält und er immer als etwas
Unglaubliches und Unerwartetes eintritt. Er ist gewissermaßen eine Unmöglichkeit,
die plötzlich zur Wirklichkeit wird.
Und dieser Übergang aus einer uns bekannten Existenz in eine andere,
von der wir auch gar nichts wissen, ist etwas so Gewaltsames, dass es für die
Zurückbleibenden nicht ohne die tiefste Erschütterung abgeht.
(Johann Wolfgang von Goethe)
Ich lebe mein Leben
in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten
vielleicht nicht vollbringen,
doch versuchen will ich ihn.
(Rainer Maria Rilke)
Dass nichts Ewigs hier zu hoffen, lehret uns das schnelle Jahr,
Macht die räuberische Stunde, die den Tag entführet, wahr.
Linder Südwind bricht den Frost, Sommers Glut vertreibt den Maien,
Weicht dem Herbst, der Früchte streut, und bald will es wieder schneien.
Doch der Mond erholt sich wieder, wenn er abgenommen hat;
Wir, wenn wir einmal erreichen unsrer Väter Lagerstatt
Werden nach dem Leibe Staub, sehen diese Welt nicht wieder.
Wer weiß ob uns morgen noch geht die göldne Sonne nieder!
Warum suchst du denn dein Geld so begierig aufzuheben?
Was des Erben Geiz entgeht, bringt dir Dank bei deinem Leben.
(Hans Aßmann von Abschatz)
Der Feind
Einen kenn ich,
Wir lieben ihn nicht;
Einen nenn ich,
Der die Schwerter zerbricht.
Weh! sein Haupt steht in der Mitternacht,
Sein Fuß in dem Staub;
Vor ihm weht das Laub
Zur dunkeln Erde hernieder.
Ohne Erbarmen
In den Armen
Trägt er die kindisch taumelnde Welt;
Tod, so heißt er,
Und die Geister
Beben vor ihm, dem schrecklichen Held.
(Clemens Brentano)
Abendlied
Der Mond ist aufgegangen
Die goldnen Sternlein prangen
Am Himmel hell und klar;
Der Wald steht schwarz und schweiget,
Und aus den Wiesen steiget
Der weiße Nebel wunderbar.
Wie ist die Welt so stille,
Und in der Dämmrung Hülle
So traulich und so hold!
Als eine stille Kammer,
Wo ihr des Tages Jammer
Verschlafen und vergessen sollt.
Seht ihr den Mond dort stehen? –
Er ist nur halb zu sehen,
Und ist doch rund und schön!
So sind wohl manche Sachen,
Die wir getrost belachen,
Weil unsre Augen sie nicht sehn.
Wir stolze Menschenkinder
Sind eitel arme Sünder,
Und wissen gar nicht viel;
Wir spinnen Luftgespinste,
Und suchen viele Künste,
Und kommen weiter von dem Ziel.
Gott, lass uns dein Heil schauen,
Auf nichts Vergänglichs trauen,
Nicht Eitelkeit uns freun!
Lass uns einfältig werden,
Und vor dir hier auf Erden
Wie Kinder fromm und fröhlich sein!
Wollst endlich sonder Grämen
Aus dieser Welt uns nehmen
Durch einen sanften Tod!
Und, wenn du uns genommen,
Lass uns in Himmel kommen,
Du unser Herr und unser Gott!
So legt euch denn, ihr Brüder,
In Gottes Namen nieder;
Kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott! mit Strafen,
Und lass uns ruhig schlafen!
Und unsern kranken Nachbar auch!
(Matthias Claudius)
Über alle Gräber wächst zuletzt das Gras,
Alle Wunden heilt die Zeit, ein Trost ist das,
Wohl der schlechteste, den man dir kann erteilen;
Armes Herz, du willst nicht, dass die Wunden heilen.
Etwas hast du noch, solang es schmerzlich brennt;
Das Verschmerzte nur ist tot und abgetrennt.
(Friedrich Rückert)
Du bist nicht tot,
sondern nur untergegangen wie die Sonne.
Wir trauern nicht über einen,
der gestorben ist,
sondern wie über einen,
der sich vor uns verborgen hält.
Nicht unter den Toten suchen wir dich,
sondern unter den Seligen des Himmels.
(Theodoret von Kyros)
Gottes Milde mocht es fügen,
Liegt ein Mensch in letzten Zügen,
Stehn am Sterbepfühl die Seinen,
Dass sie müssen weinen, weinen;
Dass sie nicht vor Tränen schauen
Das unnennbar bange Grauen,
Wie der Geist verlässt die Hülle,
Letztes Zucken, tiefe Stille.
Weh dem Tränenlosen, wehe,
Der sich wagt in Sterbens Nähe,
Denn ihm kann durchs ganze Leben
Jenes Grauen heimlich beben.
Doch ein Anblick tiefrer Trauer,
Bänger als des Sterbens Schauer,
War es, könnt ein Aug es fassen,
Wie zwei Herzen sich verlassen.
(Nikolaus Lenau)
Man muss sich hüten,
in den Erinnerungen zu wühlen,
sich ihnen auszuliefern,
wie man auch ein kostbares Geschenk
nicht immerfort betrachtet,
sondern nur zu besonderen Stunden
und es sonst nur wie einen verborgenen Schatz,
dessen man sich gewiss ist, besitzt;
dann geht eine dauernde Freude und Kraft
von dem Vergangenen aus.
(Dietrich Bonhoeffer)
Unsere Seele muss sterben, sagst du, wenn der Körper stirbt? Hast du eine innere
Kraft je sterben sehen? Nur das Äußere, Zusammengesetzte sahst du zerfallen.
Was in mir lebt, mein Lebendigstes, mein Ewiges, kennt keinen Untergang. Kein
Tod ist in der Schöpfung, nur Verwandlung. Wenn die Hülle beim Tode wegfällt,
bleibt die Kraft, die schon vor dieser Hülle existierte.
(Johann Gottfried Herder)
Auf die königlichen Gräber in Westminster
Ihr Staubgebornen, bebt und seht,
Wie rasch das Fleisch allhier vergeht.
Manch ein königlich Gebein
Schläft in diesem Haufen Stein.
Für die einst Kronen nicht zu schwer,
Hier regen sie die Hand nicht mehr.
Noch predigt aus dem Staub ihr Bass,
Dass auf Größe kein Verlass.
Fürwahr, ein Acker, Zoll an Zoll,
Vom königlichen Samen voll,
Den mit der Sünde, die sie bog,
Die Erd in ihre Furchen sog.
Die Würfel fielen, wo sie ruhn:
Die Götter einst, sind Menschen nun,
Auf kahlen Sand unedlen Ruhms
Vertropfter Schaum des Königtums -,
Eine Welt von Pomp und Glück
Zum Staub gelegt vom Augenblick.
(Francis Beaumont)
Abendempfindung
Abend ist’s, die Sonne ist verschwunden,
Und der Mond strahlt Silberglanz;
So entfliehn des Lebens schönste Stunden,
Fliehn vorüber wie im Tanz.
Bald entflieht des Lebens bunte Szene,
Und der Vorhang rollt herab;
Aus ist unser Spiel, des Freundes Träne
Fließet schon auf unser Grab.
Bald vielleicht (mir weht, wie Westwind leise,
Eine stille Ahnung zu),
Schließ ich dieses Lebens Pilgerreise,
Fliege in das Land der Ruh.
Werdet ihr dann an meinem Grabe weinen,
Trauernd meine Asche sehn,
Dann, o Freunde, will ich euch erscheinen
Und will himmelauf euch wehn.
Schenk auch du ein Tränchen mir
Und pflücke mir ein Veilchen auf mein Grab,
Und mit deinem seelenvollen Blicke
Sieh dann sanft auf mich herab.
Weih mir eine Träne, und ach! schäme
dich nur nicht, sie mir zu weihn;
Oh, sie wird in meinem Diademe
Dann die schönste Perle sein!
(Joachim Heinrich Campe)
Der Todesengel
’s gibt eine Sage, dass wenn plötzlich matt
Unheimlich Schaudern einen übergleite,
Dass dann ob seiner künft’gen Grabesstatt
Der Todesengel schreite.
Ich hörte sie, und malte mir ein Bild
Mit Trauerlocken, mondbeglänzter Stirne,
So schaurig schön, wie’s wohl zuweilen quillt
Im schwimmenden Gehirne.
In seiner Hand sah ich den Ebenstab
Mit leisem Strich des Bettes Lage messen,
– So weit das Haupt – so weit der Fuß – hinab!
Verschüttet und vergessen!
Mich graute, doch ich sprach dem Grauen Hohn,
Ich hielt das Bild in Reimes Netz gefangen,
Und frevelnd wagt‘ ich aus der Totenkron‘
Ein Lorbeerblatt zu langen.
O, manche Stunde denk‘ ich jetzt daran,
Fühl‘ ich mein Blut so matt und stockend schleichen,
Schaut aus dem Spiegel mich ein Antlitz an –
Ich mag es nicht vergleichen; –
Als ich zuerst dich auf dem Friedhof fand,
Tiefsinnig um die Monumente streifend,
Den schwarzen Ebenstab in deiner Hand
Entlang die Hügel schleifend;
Als du das Auge hobst, so scharf und nah,
Ein leises Schaudern plötzlich mich befangen,
O wohl, wohl ist der Todesengel da
Über mein Grab gegangen!
(Annette von Droste-Hülshoff)
Immer enger, leise, leise,
Ziehen sich die Lebenskreise,
Schwindet hin, was prahlt und prunkt,
Schwindet Hoffen, Hassen, Lieben,
Und ist nichts in Sicht geblieben
Als der letzte dunkle Punkt.
(Theodor Fontane)
Ich muss Abschied nehmen.
Sagt mir Lebewohl, Ihr Lieben.
Ich verneige mich vor Euch allen.
Ich nehme Abschied von Euch.
Die Schlüssel zu meiner Tür gebe ich zurück.
Nichts will ich mehr aus meinem Haus.
Ich bitte nur um Eure letzten lieben Worte.
Lange waren wir Nachbarn.
Aber ich empfing mehr als ich geben konnte.
Nun hat sich der Tag geneigt.
Die Lampe,
die meinen dunklen Winkel erhellte, verlöscht.
Der Ruf ist ergangen.
Ich bin zum Aufbruch bereit.
(Rabindranath Tagore)
Wie wenn das Leben wär nichts andres
als das Verbrennen eines Lichts!
Verloren geht kein einzig Teilchen,
jedoch wir selber gehn ins Nichts!
Denn was wir Leib und Seele nennen,
so fest in eins gestaltet kaum,
es löst sich auf in tausend Teilchen
und wimmelt durch den öden Raum.
Es waltet stets dasselbe Leben,
Natur geht ihren ewgen Lauf;
in tausend neu erschaffnen Wesen,
stehn diese tausend Teilchen auf.
Das Wesen aber ist verloren,
das nur durch diesen Bund bestand,
wenn nicht der Zufall die verstaubten
aufs Neue zu einem Sein verband.
(Theodor Storm)
Der kleine Prinz (Antoine de Saint-Exupéry)
„. . . und es wird ein bißchen aussehen als wäre ich tot, aber das wird nicht wahr sein. Du verstehst. Es ist zu weit. Ich kann diesen Leib da nicht mitnehmen. Er ist zu schwer. Aber er wird daliegen wie eine alte, verlassene Hülle. Man soll nicht traurig sein um solche alten Hüllen.
„Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken. „Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig“.
„Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen“, sagte der Fuchs. „Aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast.“
„Hast du Angst vor dem Tod“, fragte der kleine Prinz die Rose. Darauf antwortete sie: „Aber nein. Ich habe doch gelebt, ich habe geblüht und meine Kräfte eingesetzt soviel ich konnte. Und Liebe, tausendfach verschenkt, kehrt wieder zurück zu dem, der sie gegeben. So will ich warten auf das neue Leben und ohne Angst und Verzagen verblühen.
„Ja“, sagte ich zum kleinen Prinzen, „ob es sich um das Haus, um die Sterne oder um die Wüste handelt, was ihre Schönheit ausmacht, ist unsichtbar!“.
„Man kennt nur die Dinge, die man zähmt“, sagte der Fuchs. „Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgendetwas kennen zu lernen. Sie kaufen sich alles fertig in den Geschäften. Aber da es keine Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr. Wenn du einen Freund willst, so zähme mich!“
„Seid Ihr glücklich?“ fragte ich sie. „Und wie sollten wir es nicht sein, da wir wissen, wo wir schlafen werden“.
„Was heißt ‚zähmen‘?“, fragte der kleine Prinz. „Das ist eine in Vergessenheit geratene Sache“, sagte der Fuchs. „Es bedeutet: sich ‚vertraut machen‘.“ – „Vertraut machen?“ – „Gewiß“, sagte der Fuchs. „Du bist für mich noch nichts als ein kleiner Knabe, der hunderttausend Knaben völlig gleicht. Ich brauche dich nicht, und du brauchst mich ebenso wenig. Ich bin für dich nur ein Fuchs, der hunderttausend Füchsen gleicht. Aber wenn du mich zähmst, werden wir einander brauchen. Du wirst für mich einzig sein in der Welt. Ich werde für dich einzig sein in der Welt . . .“
Geschichtliche Entwicklung der Todesdefinition
Der Ausdruck den „Geist aufgeben“ für “sterben“ ist ein sprachliches Fossil des antiken Denkens über das Wesen des Todes. In dieser Hinsicht hat die Beschreibung des Todesmomentes Jesu großen Einfluß ausgeübt. Die vier Evangelien sprechen sowohl im griechischen Original als auch in dem lateinischen Vulgatatext von „den Lebensodem lassen“.
Bis zur Entdeckung des Hirntodes hatten die Menschen eine sehr lange Zeit klare Vorstellungen davon, wann das Leben eines Menschen vorbei war. Wenn das Herz und die Atmung irreversibel erloschen waren, galt der Mensch als tot. Die klassische Definition versteht unter dem biologischen Tod den Stillstand von Atmung und Kreislauf, verbunden mit dem Ende der Tätigkeit des zentralen Nervensystems, sowie dem anschließenden Absterben der Gewebe und der Zellen. Doch auch diese Erkenntnisse waren das Resultat einer sehr langen Forschungsgeschichte, welche sich bis zu den Überlieferungen der alten ägyptischen Medizin und auch im Alten Testament der Bibel zeigen.
Der Stilltand der Atmung markierte in den antiken Hochkulturen den Zeitpunkt des Todes. Wann die Technik der Atemspende entstand ist unklar. Doch schon in der Bibel kann man Kenntnisse über diese Technik erahnen. Das Zweite Buch der Könige beinhaltet eine Beschreibung, wie Elisa einen Jungen, welcher nach starken Kopfschmerzen verstarb, zu neuem Leben erweckte, als er sich ihm Mund-zu-Mund zuwandte. Die Technik der Atemspende geriet nie in völlige Vergessenheit, doch die Weiterentwicklung sollte sehr lange dauern.
Verschiedenen Organen kamen auch damals schon verschiedene Stellungen und Gewichtungen zu. Galenos von Pergamon berichtete, dass der Tod über das Herz, das Gehirn und die Lunge seinen Weg in den Körper finden kann. Diese seien somit die Eintrittspforten für den Tod (atria mortis).
Die antiken Ärzte legten Wert darauf, sich von einer ablebenden Person zurückzuziehen, um dieser in Ruhe den Sterbevorgang vollziehen lassen zu können. Daher war es für sie wichtig, den Punkt zu erkennen, ab dem eine Heilung nicht mehr möglich war. Dann wurde die medizinische Behandlung eingestellt. Der Todeszeitpunkt lag hier weniger im Fokus. Hippokrates von Kos verfasste das „Prognostikon“, in welchem die „Facies hippocratica“ das Gesicht von sterbenden Patienten beschreibt, um diese besser erkennen zu können. Dies erleichterte den Ärzten, den Zeitpunkt des gebotenen Rückzugs besser einschätzen zu können.
Mit der Aufklärung setzte die moderne naturwissenschaftliche Erforschung des Todes ein. Man wollte nicht mehr nur wissen, wann ein Mensch tot ist, sondern auch die physiologischen Zusammenhänge genau erforschen. Die, in den vergangenen Jahrhunderten, zum Teil verbotene Sektion von Leichen, wurde fester Bestandteil des Medizinstudiums. Das Interesse der Menschen war so groß, dass sogar anatomische Theater entstanden, welche öffentliche Sektionen zeigten. Zudem veränderte sich das Verhältnis zum Tod. Die Menschen wollten eines natürlichen Todes sterben und fürchteten den vorzeitigen oder auch gewaltsamen Tod stark. Es wurde große Hoffnung in die Medizin gesetzt, den unnötigen Tod abwenden zu können. Seit dem 17. Jahrhundert wuchs die Angst als Scheintoter lebendig begraben zu werden, welche sich bis in das 18. Jahrhundert hinein immer mehr steigerte. Die medizinische Entwicklung schritt rasch voran und bereits 1732 gelang es dem Chirurgen William Tossach einen erstickten Bergmann durch Atemspende wiederzubeleben. Aufgrund dieser Vorstöße in der Medizin und der Entdeckung der Reanimation wuchs auch die Angst der Menschen, fälschlich für tot erklärt zu werden weiter. Allerdings veränderte sich mit den medizinischen Erkenntnissen und der Angst vor dem Scheintot auch der Umgang mit Leichnamen. Tote Menschen wurden aufgebahrt, was auch den Nutzen haben sollte, den Scheintot auszuschließen. Im Jahre 1792 entstand in Weimar die erste Leichenhalle. Im 19. Jahrhundert stieg die Zahl der Leichenhallen dann enorm an. Diese wurden bewacht und zum Teil mit Klingeln versehen, so dass sich aufgewachte Scheintote bemerkbar hätten machen können. Fälschlicherweise für tot erklärt oder gehalten zu werden, war das sorgenvolle Bedenken, für das allerlei Mittel zur Abhilfe gesucht wurden, von der Spiegelprobe für den Atem bis zur Klingel im Grab. Nicht zuletzt hatten die Leichenhäuser aber auch hygienische Gründe, da die Menschen fürchteten, sich über die toten Körper mit Krankheiten anzustecken. Die Angst vor dem Scheintot war so groß, dass man dieses Phänomen auch in der Literatur der damaligen Zeit finden kann. Ein Beispiel, das jeder kennt, ist das schöne Schneewittchen, welches den Zwergen sei Dank, dem Ereignis lebendig begraben zu werden gerade noch entgehen konnte. Ebenso wurde dazu übergegangen die menschlichen Körper post mortem tödlich zu verletzen. Der französische Anatom und Physiologe Bichat schrieb 1803 in seinen „Physiologischen Untersuchungen über Leben und Tod“, das die Funktionen bei alten und kranken Menschen aufhören auf weil die Kraft fehlt. Das Herz ist das Organ, das zuletzt bei ihm stille steht. Die Forschungen zur Physiologie des Sterbens entwickelten sich weiter und in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einigte sich die Medizin auf ein klares Todeskriterium – die Herztoddefinition. Der Mensch wurde fortan als tot betrachtet, wenn seine Herztätigkeit und seine Atmung irreversibel ihr Ende gefunden hatten. Wie zu Anfang erläutert, hielt sich dieses Verständnis bis in die Mitte der 1960er Jahre. Für die Mediziner gab es einen klaren Punkt, an welchem sie aufhören konnten, um das Leben des Patienten zu kämpfen, nämlich wenn die Reanimation des Patienten nicht erfolgreich war. Somit konnte im Laufe der Entwicklungen auch der mögliche Scheintot diagnostisch ausgeschlossen werden. Trotz aller medizinischen Erkenntnisse wurden die Menschen (als doppelte Absicherung) trotzdem noch aufgebahrt. In den folgenden Jahren konnte man Patienten immer erfolgreicher reanimieren und auch künstlich am Leben erhalten.
Postmortale Organentnahme
Mit explantierten Organen kann kranken Menschen das Leben gerettet werden oder ihr Leid erheblich vermindert werden. Ein Mensch, welcher zum Sterben verurteilt ist, setzt seine Hoffnung auf eine lebensrettende Spende. Andere Menschen konnten dem Tod nicht entgehen, können durch eine Organspende aber ein Leben retten. Die nicht mehr, oder unzureichend funktionierenden Organe werden mit Hilfe einer Transplantation durch die funktionsfähigen Organe eines hirntoten Menschen ersetzt. Zunächst müssen diese jedoch aus dem Körper eines Menschen mit irreversiblem Funktionsausfall des Gehirns explantiert werden. Wird nach allen beschriebenen Stufen der Hirntoddiagnostik der irreversible Ausfall des Großhirns, Kleinhirns und Hirnstamms festgestellt, muss geklärt werden, ob eine Organentnahme in Frage kommen kann. Es gibt medizinische Kontraindikationen, welche dies verbieten. Organe von Spendern, welche zum Beispiel AIDS haben, Hepatitis, floride Tuberkulose, eine nicht ausgeheilte Sepsis oder bestimmte Infektionen (z.B. Tollwut) kommen für eine Explantation nicht in Betracht, da dies den Empfänger erheblich gefährden würde und womöglich eher schadet, als hilft. Spricht nichts gegen eine Spende, muss dafür das Einverständnis eingeholt werden. In Deutschland gilt die „erweiterte Zustimmungslösung“, das heißt, dass eine Explantation stattfinden darf, wenn der Spender zu Lebzeiten sein Einverständnis dafür gegeben hat (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TPG). Falls dieser sich nicht geäußert hat, sind die Angehörigen, oder vom Verstorbenen vorher festgelegte Personen berechtigt, im mutmaßlichen Sinne des Spenders zu entscheiden (§ 4 TPG). Wird die Zustimmung erteilt, organisiert die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) die Explantation. Das Krankenhaus wendet sich an die DSO, welche 24 Stunden am Tag für das Klinikpersonal erreichbar sein muss. Anschließend wird die Blutgruppe des Spenders festgestellt und es findet eine Gewebetypisierung statt. Die Intensivmedizinische Betreuung des Spenders wird aufrechterhalten und die Funktion der Organe überprüft und eventuell medikamentös unterstützt. Soll eine Explantation vorgenommen werden, sind beim potenziellen Organspender Maßnahmen erforderlich, die nicht mehr der (Heil-)Behandlung dienen, sondern seine Organe erhalten sollen. Diese Vorkehrungen sind für eine erfolgreiche Transplantation zentral. Die Daten des Spenders (Blutgruppe, Gewebetypisierung, für eine Transplantation geeignete Organe usw.) werden daraufhin von der DSO an Eurotransplant gemeldet. Dort wird mit Hilfe eines Computerprogramms, der Spender einem (mehreren) Empfänger(n) zugeordnet. In diesem Programm sind die möglichen Spender nacheinander aufgelistet. Der Reihe nach werden dann den Transplantationszentren, wo die entsprechenden Empfänger behandelt werden, die Organe angeboten. Lehnt das Transplantationszentrum ein Organ für einen Patienten ab, weil dieser zum Beispiel gerade in einer zu schlechten körperlichen Konstitution für eine Transplantation ist, wird das Organ dem nächsten Spender auf der Liste angeboten, bzw. das nächste Transplantationszentrum konsultiert. Schon bei der Entnahme der Organe muss höchste Sorgfalt walten, da eine erfolgreiche Transplantation und damit das Wohl eines Menschen davon abhängig sind. Für die Explantation der Organe und Gewebe werden spezielle Explantationsteams eingesetzt. Der Spender wird weiterhin durch intensivmedizinische Maßnahmen versorgt und, sofern notwendig, wird mit Medikamenten die Stabilität des Kreislaufs unterstützt. Nachdem der Körper geöffnet wurde, begutachtet das Explantationsteam die Organe. Diese werden dann von der Blutversorgung abgeklemmt und anschließend mit einer kalten Konservierungslösung gespült. Anschließend werden die Organe entnommen. Die Organe kommen in eine keimfreie Kiste, wo diese schwimmend in einer Konservierungslösung, den Weg zum Empfänger antreten. Dieser Transport muss unverzüglich geschehen. Je nachdem um welches Organ es sich handelt, kann dies nicht sehr lange in einem guten Zustand in der Konservierungslösung überdauern. Um dem Empfänger eine gute Qualität des Organs zu gewährleisten und damit auch gute Überlebenschancen, erfordert dies eine schnelle und durchdachte Logistik. Im Transplantationszentrum des Empfängers wird der Patient bereits auf die Transplantation vorbereitet. Nach der Entnahme der Organe des Spenders werden die Wunden des Leichnams verschlossen und die äußere Integrität wieder hergestellt. Auf Wunsch der Angehörigen, können sich diese noch einmal vom Verstorbenen verabschieden. Falls es gewünscht wird, ist es auch möglich über den Erfolg der Transplantation(en) von der DSO informiert zu werden. Die Empfänger bleiben hierbei anonym. Verläuft die Organübertragung erfolgreich, fängt für den Empfänger ein „neues“ Leben an.
Leib und Seele/ Organismus und Gehirn
Bis heute stellt sich die Frage, ob mentale Vorgänge und physische Vorgänge eins sind, somit identisch und geistiges Leben auch körperliches Leben ist. Da das körperliche Leben physischer Natur ist, müsse dies im monistischen und naturalistischen Gedanken auch den Geist betreffen. Oder bildet der menschliche Körper etwas vom Geist Abgetrenntes? Womöglich könnte man auch zwischen dem Tod des Organismus und dem Tod der Person, als ihr geistiges Vermögen, unterscheiden und man befindet sich mitten im alten Leib-Seele-Problem. Diese Debatte ist auch unter dem Augenmerk, wann etwas als belebt oder unbelebt gilt, von großer Bedeutung und nahm auch unter diesem Aspekt ihren Anfang in der Geschichte der Philosophie. Die Begriffe „Seele“ und „Psyche“ werden oft kongruent verwendet. Die Seele kann als Begriff aller inneren, nicht körperlichen Regungen verstanden werden, wobei zwischen bewussten und unbewussten Akten unterschieden werden muss. Die Übersetzung des deutschen Begriffs Seele lautet im Griechischen „psyche“, „pneuma“, im Lateinischen „anima“ oder „spiritus“. Der Begriff „Geist“ hat sehr viele Bedeutungen. So kann er unter anderem für das Vermögen von Gehirnprozessen genannt werden. Die Deutung und Verwendung der Begriffe ist folglich nicht ganz einfach. Philosophen beschäftigen sich schon sehr lange damit, was den Menschen ausmacht. Damit ist untrennbar auch die Beschäftigung über den Geist des Menschen, als Quelle des Bewusstseins, Denken, Handeln, Fühlen, aber auch ein unsterblicher spiritueller Begriff des Geistes, verbunden. Homer legt dar, dass die Psyche den Körper zum Zeitpunkt des Todes für immer verlässt und in das Reich des Hades wandert. Der Sitz des Denkens wird bei Homer als „Noos“ beschrieben, allerdings auch deckungsgleich zum Begriff „Psyche“ verwendet. „Psyche“ stammt von dem Wort „psychein“ ab und bedeutet „blasen“ oder auch „atmen“. Hier findet sich eine Parallele zur Bibel: „Und Gott der Herr machte den Menschen aus einem Erdenkloß, und blies ihm ein den lebendigen Odem in seine Nase. Und also ward der Mensch eine lebendige Seele.“. Platon stellte im „Phaidon“ ein „Gespräch über das Wesen und die Unsterblichkeit der Seele“ dar. Der Tod spaltet die Seele vom Leib ab. Die Seele, welche einen toten Körper zurücklässt, geht in den Kreislauf der Wiedergeburt. Das Residieren der Seele im Körper eines Menschen stellt nur eine Etappe auf der Reise der Seele dar, dessen vernünftiger Teil ewig überdauert. Aristoteles schildert in „De anima“ die Seele als Entelechie (Vollendung, Verwirklichung) des Körpers (Substanz als Werkzeug des Menschen), welcher durch diese, die Möglichkeit des Lebens hat. Anders als bei Platon kann die Seele nicht unabhängig vom Körper existieren. In den biblischen Schriften gehören Leib und Seele als Einheit zusammen und bilden das personale Leben in Gottesebenbildlichkeit. Im Tod löst sich die Seele und das Fleisch erfährt die Wiederauferstehung. Nach dem Sündenfall hat das Wirken Jesu den Menschen wieder eine Annäherung an Gott gebracht und durch seine Rückkehr aus dem Grab, eine zweite körperliche Auferstehung ermöglicht. Der theologische Begriff „Seele“ umschreibt die Offenheit des Menschen Gott gegenüber zu treten, die Bezogenheit auf Gott, also seine Fähigkeit, mit Gott in einen Dialog des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe zu treten. Die Seele ist das Eigenste des Menschen, was ihn von allen anderen Menschen unterscheidet. Der alte Dualismus lebt mit Descartes wieder auf. Seine Trennung von res extensa und res cogitans entfernt Seele und Leib in der Vorstellung der Menschen wieder voneinander, da die Seele nach der Vorstellung Descartes auch völlig eigenständig (ohne Körper) existieren kann. Heute werden die Begriffe „Seele“, „Geist“ und „Psyche“ meist mit einem Innehaben von bestimmten Fähigkeiten gleichgesetzt, wie zum Beispiel Selbstbewusstsein und Intelligenz. Die Frage, wie die Psyche als das Bewusstsein, Fühlen und Denken als Einheit mit der materiellen Substanz des Menschen verstanden werden kann, steht somit noch heute im Raum. Die Tradition hält eine beseelten Körper für lebendig und einen Körper dessen Seele entschwunden ist für tot. Betrachtet man die Seele naturwissenschaftlich wird klar, dass psychische Phänomene nur durch das Arbeiten der Neuronen entstehen können und klar zu den physischen Phänomenen zählen. Natürlich kann der Mensch diese Dinge nur aufgrund seines Zentralnervensystems und seines Gehirns verarbeiten. Allerdings empfindet jeder Mensch auf eine, seine Weise. All dies, so einfach, auf naturwissenschaftlicher Basis zu erklären, würde wahrscheinlich vielen Menschen ein Gefühl der Entzauberung geben, weswegen noch heute (nicht nur aus religiösen Aspekten) oft an eine metaphysische Seelenkomponente geglaubt wird. Weiterführend wird dieses Problem in der Philosophie unter dem Aspekt der Willensfreiheit diskutiert. Im Leib-Seele-Problem geht es speziell sehr oft um den Neurodeterminismus, welcher eine Willensfreiheit, biologisch betrachtet, ausschließt und uns zu John Locke führt, da der Mensch, nach deterministischen Auffassungen, sein Handeln nicht wirklich selber steuern kann und folglich dafür auch nicht zur Verantwortung gezogen werden kann. In der Hirntoddebatte finden wir den Leib-Seele-Dualismus wieder. Denn das Gehirn, als Sitz dessen, was uns als individuelle Person ausmacht, der Sitz der Psyche, kann nicht mehr arbeiten. Ein funktionierendes Gehirn bedingt einen arbeitenden Körper. Nur so können wir denken, handeln und sinnlich erfahren. Geht man von einer psycho-physischen Identität aus, sagt das Basieren der Seele auf chemischen Prozessen noch nichts darüber aus, ob der Hirntod den Tod des Menschen bedeutet. Doch möchte man es veranschaulichen, könnte man sagen, der Körper ist das Haus der Psyche. Der Leib des Menschen ist dabei das Ausdrucksmedium und die eigentlich sichtbare Existenz des Menschen. Wenn man einen Vorgang oder auch bestimmte Abläufe sehr gut kennt, spricht man auch davon, dass diese in Fleisch und Blut übergegangen seien. Abgesehen von futuristischen Gedankenexperimenten von Gehirnen in einem Tank oder Hirnleistung auf einer Festplatte, braucht das Gehirn zwingend einen funktionierenden Organismus. Abgesehen vom spirituellen Begriff der Seele, welche sich vom Körper lösen kann und post mortem erhalten bleibt, kann eine Seele (als Hirnfunktion) im naturwissenschaftlichen Sinn nicht ohne einen Körper existieren. In der Geschichte der Menschheit war es zudem immer so, dass ein Körper nie ohne ein (zumindest teilweise) funktionierendes Gehirn „leben“ konnte.
Leben, Sterben und Tod
Es soll hier um das Wesen von Leben und Tod gehen, beziehungsweise um Leben und Tod von Wesen. Dabei ist es von großer Signifikanz, das Sterben in diesem Kontext auch zu betrachten. Was ist Leben, Sterben und Tod? Das Urteil über den Status eines Menschen ist demzufolge die Grundlage für den Umgang mit ihnen. Daher ist die Klärung dieser Fragen fundamental. Der Tod ist eingetreten, wenn alle Lebensfunktionen erloschen sind. Dies ist der Minimalkonsens, den wohl alle Menschen auf der Welt miteinander getroffen haben. Jeder Mensch erkennt eine Leiche, als Menschen, der nicht mehr am Leben teilhat. Aus christlicher Sicht ist der Vorgang in 1. Mose 2,7 im Tod rückgängig gemacht worden. „Denn der Staub muß wieder zur Erde kommen, wie er gewesen ist, und der Geist wieder zu Gott, der ihn gegeben hat.“ Das Leben bildet den Gegenpol zum Tod. Der Tod ist demzufolge die Negation des Lebens. Lexika definieren das Leben als biologischen Prozess, welcher durch einen Stoffwechsel gekennzeichnet ist. Die Zelle ist dabei der kleinste Ort der Stoffwechselvorgänge. Das Leben ist nur unter Energieverbrauch möglich und setzt einen Austausch mit der Umwelt des Lebewesens voraus. Darüber hinaus ermöglicht das Leben die Reproduktion als Ziel des selbigen. Ein Ziel ist weiterhin die Selbsterhaltung des Lebewesens. Die physische Grundlage bildet das Gehirn als Steuerungsorgan für ein eigenständiges leiblich-geistiges Existieren. Ein eigenständiges leibliches Dasein ist zweifellos nicht mehr möglich, da der Körper bei Beendigung der intensivmedizinischen Maßnahmen sofort absterben würde, da das Gehirn die lebensnotwendigen Steuerungsmaßnahmen nicht mehr erfüllen kann. Werden sie nicht abgestellt, arbeitet der Körper allerdings. Wovon man nach dem heutigen Stand der Wissenschaft ausgehen kann, ist es aber das Ende der geistigen Existenz. Das, was den Menschen als Person ausmacht, seine Psyche, ist erloschen. Oft wird im Zusammenhang mit dem Hirntod vom „personalen Tod“ gesprochen. Wie zuvor erläutert ist der Begriff der Person von bestimmten kognitiven und praktischen Fähigkeiten des Menschen abhängig. Dies sind Fähigkeiten, welche einzig und allein dem Menschen zu geschrieben werden. Der personale Tod ist ein von mindestens zwei Arten des Todes, die menschliche Individuen erleiden können. Diesen Gedanken möchte ich kurz so stehenlassen. Wenn der „personale Tod“ aber bedingt, zuvor eine Person mit bestimmten Fähigkeiten gewesen zu sein, kommt man meines Erachtens sehr schnell auf eine schiefe Ebene und der Dammbruch droht. Denn zum einen gibt es Menschen, welche diese Attribute niemals ausgebildet haben, nicht mehr besitzen oder im Moment nicht besitzen. Zu nennen wären zum Beispiel Menschen mit angeborenen und erworbenen Behinderungen, oder komatöse Menschen von denen man nicht weiß, wann und ob die Fähigkeiten wieder erlangt werden. Nun wurde beleuchtet, dass der Mensch mit irreversiblem Ausfall aller Hirnfunktionen kein Toter im klassischen Sinne sein kann. Es gibt, wie dargestellt, sogar sehr viele Gründe, welche dagegen sprechen, ihn überhaupt als Leiche zu benennen. Auch die Kategorie des „personalen Todes“ scheint kreiert und lässt, wie dargestellt, große Zweifel aufkommen. Zwar ist nur ein Organ des Menschen ausgefallen, doch hat das Gehirn eine Sonderstellung im menschlichen Organismus, weshalb es sinnvoll erscheint, das Versagen des Gehirns anders als das Versagen einer Niere zu bewerten. Auch wenn er nicht mehr und nie wieder mit seiner Umwelt interagieren kann, nicht denken und nicht fühlen kann, scheint es im Hinblick auf differenzialdiagnostische Befunde und deren Symptome schlüssig, den Hirntoten als Seiendes zu bezeichnen. Denn ein mentalistisches Todeskriterium kann in der Diskussion nicht Stand halten. Da dem Gehirn, wie erwähnt, im Gesamtsystem des biologischen Organismus eine Sonderstellung als Organisationseinheit zukommt, bin ich mit meiner Darstellung, den Hirntoten zu den Lebenden zu zählen, noch nicht am Ende. Denn der Begriff des „Sterbens“ kann die Problematik womöglich auflösen.
Leben und Tod können niemals zum gleichen Zeitpunkt existieren. Genauso kann das Sterben nicht mehr existent sein, wenn der Tod eingetreten ist. Allerdings kann ein Lebender konkomitierend ein Sterbender sein. Beim Sterben handelt es sich also um einen Prozess. Wann dieser Prozess beginnt, ist Auslegungssache und bestimmt durch das Weltbild. Heidegger zufolge bedeutet das „in-der-Welt-sein“ gleichzeitig das „Sein-zum-Tode“. Demnach beginnt das Sterben mit der Existenz. Öfter allerdings, wird in der Literatur der Beginn des Sterbeprozesses dort gesehen, wo eine Krankheit oder Verletzung nicht mehr heilbar ist. Der Beginn des Sterbens stellt dann einen „point of no retrun“ dar. Der Prozess des Sterbens kann sehr lang sein. Ebenso kann er, zum Beispiel beim Eintreten eines Unfalls, nur Sekunden dauern. Der Tod ist folglich der Endpunkt der Identität nach dem Grenzbereich „Sterben“. Da beim Ganzhirntot das zentrale Steuerungsorgan des Menschen irreversibel ausgefallen ist, handelt es sich hier um eine Verletzung, welche eine Rückführung in das aktive, selbstständige Leben unmöglich macht. Es lag folglich ein Punkt x vor, welcher den „point of no return“ darstellt.
Bestattung
In allen Kulturen werden Tote bestattet, was als rituelle Verabschiedung des Verstorbenen gesehen wird, welcher die Erde verlassen hat. Die Riten der Verabschiedung sind stark kulturell geprägt und werden gerade in der westlichen Gesellschaft oft nach den individuellen Interessen und Vorlieben des Verstorbenen ausgerichtet. Diese Trauerfeiern diesen auch den Angehörigen als Abschied und Trost. Die Bestattung eines geliebten Menschen ist der Anfang der Verarbeitung in der Trauerphase. Eine persönliche und liebevolle Verabschiedung kann den Hinterbliebenen helfen, mit ihren Emotionen besser umgehen zu können und ihre Angst ein wenig zu mindern. Den Trauernden soll durch eine individuelle Verabschiedung und Trauerhilfe auch ein neuer Anfangspunkt gegeben werden, ihr Leben in einer neuen Beziehung zum Verstorbenen weiterführen zu können. Welche Art von Bestattung vorgenommen werden soll, ist freigestellt. Viele Menschen sehen die Bestattung auch als religiöses Ritual. Das Vorgehen von Bestattungen ist sehr verschieden. Zur Wahl stehen das Erdbegräbnis – die Bestattung in einem Sarg oder die Verbrennung und anschließende Urnenbeisetzung, welche die Asche des Verstobenen beinhaltet. In anderen Kulturen sind zum Beispiel auch Wasser- oder Hausbegräbnisse üblich. Die Urne im Garten zu vergraben oder zu Hause aufzubewahren ist in Deutschland verboten. Der Sarg bzw. die Urne dürfen nicht zu Hause aufbewahrt oder begraben werden. Allerdings sind von einem Friedhof abweichende Orte möglich – z.B. die Seebestattung, zu welcher die wasserlösliche Urne mit der Asche dem Meer übergeben wird oder eine Bestattung im Friedwald, welche eine Bestattungsart darstellt, die Urne im Umfeld der ursprünglichen Natur, im Grünen unter einem Baum beizusetzen. Die Niederlande diskutieren über die sogenannte „Resomation“, welche den Verstobenen durch eine Lauge sehr schnell zersetzt. In Deutschland und anderen Ländern in Europa ist dies aus ethischen Gründen nicht erlaubt. Die verschiedenen Arten Beisetzung schwanken preislich sehr stark. Auch die Kosten einer Beerdigung auf einem Friedhof sind von Kommune zu Kommune verschieden. Eine Einäscherung ist heute die häufiger gewählte Form bei Beisetzung, da sie preiswerter ist und ein kleines Grab z.B. auch als Familiengrab genutzt werden kann. Ob Erdbestattung oder Urnengrab – ein Sarg ist immer vorgeschrieben. Je nach Wahl wird er entweder verbrannt oder im Erdreich begraben. Bei der Auswahl von einem Sarg stehen unendliche viele Designs zur Auswahl. Von schlicht und klassisch bis ausgefallen und individuell, ist im Handel alles erhältlich. Die Preise für einen Sarg variieren dementsprechend stark. Christen bevorzugen noch heute häufig die Erdbestattung als Bestattungsform. War die Bestattung und das Begräbnis eines Toten einst Aufgabe der Familie, so ist es heute auch Aufgabe der Gemeinde, welche die Familie und Freunde in der Trauer und dem Abschied unterstützt. Dafür werden Räume der Gemeinde genutzt, um zum Beispiel die Trauerfeier in der Kirche stattfinden zu lassen. Bestattungsorte sind meist durch christlichen Auferstehungssymbolen und Erinnerungssymbolen gekennzeichnet. Die Grabsteine können bei einer Beerdigung im Sarg häufig erst gestellt werden, wenn sich die Erde gesetzt hat, häufig dient in der Zwischenzeit ein Holzkreuz als Symbol auf dem Grab. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts setzte sich jedoch die Feuerbestattung mehr und mehr in Europa durch. Das erste Krematorium in Deutschland, wurde 1878 in Gotha eröffnet. Das Gesetz über das Bestattungswesen ist Angelegenheit der Bundesländer, weshalb sich die Richtlinien in verschiedenen Ländern unterscheiden. Bei einer Verbrennung des Toten, reicht eine Sterbeurkunde nicht aus und so wird im Ablauf vor der Einäscherung eine (weitere) amtliche Leichenschau durch einen Arzt vorgenommen. Die Dauer im Falle einer Feuerbestattung bis zur Beisetzung sind sehr unterschiedlich. Der Entschluss zu einer Feuerbestattung hat heute nur noch selten etwas mit der Weltanschauung zu tun. Die Beisetzung in einer Bestattungsurne wird als ästhetische und ökonomische Variante des Abschieds angesehen. Die Beisetzung ist preiswerter, die Grabpflege ist weniger aufwändig und das Unterbringen der Urne in Urnenanlagen (Kolumbarien, Urnenstelen) geben auch der heutigen Bevölkerungsstruktur (kleine Familien, entfernt lebende Verwandte) die Möglichkeit einen geliebten Menschen nach seinem Tod würdevoll beigesetzt zu wissen. Die Pflege des liebevoll gepflanzten Rosengarten auf dem Grab kann auf Wunsch gegen Bezahlung auch von der Stadt oder anderen Dienstleistern übernommen werden. Die Einäscherung bzw. Leichenverbrennung findet in einem Krematorium unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die Beisetzung der Urne wird häufig im kleinen Familienkreis vorgenommen, währenddessen die (häufig vorangegangene) Trauerfeier ein großer Anlass ist, an welchem viele Menschen Abschied nehmen können. Sowohl bei Sarg als auch bei einer Urne, Blumen und Floristik bilden oft einen ästhetischen Rahmen. Auch die Urne kann nach Belieben ausgewählt werden. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt und so kann die Urne sehr persönlich sein, mit Blumen, als Fußball Urne, mit einem Foto vom geliebten Hund oder der Katze bestückt oder selber gemacht oder traditionell in schwarz. Ob nun in der Kirche mit Pfarrer oder mit einem Trauerredner – von dem Zeitpunkt erfahren die Menschen trotz sinkender Leserzahlen häufig noch immer durch die Todesanzeigen und Traueranzeigen in der Tageszeitung. Auch soziale Medien und das Internet spielen bei der Information über eine bevorstehende Trauerfeier bzw. Beerdigung heute schon eine große Rolle. Stirbt ein Mensch, dessen Geld für eine Bestattung nicht ausreicht und keine Angehörigen die Kosten übernehmen (können), bezahlt die Kommune eine Sozialbestattung. Je nachdem, ob Angehörige vorhanden sind oder nicht, bezahlt entweder das Sozialamt oder das Ordnungsamt die Kosten. Eine Bestattung ist in diesem Fall wenig individuell, einzigartig oder liebevoll. Es gibt dennoch immer mehr Initiativen von Gemeinden und Friedhofsverwaltung, auch im diesem Fall eine würdevolle Bestattung zu gewährleisten. Zugleich ist immer auch eine anonyme Bestattung möglich. Ist der Mensch vor seinem biologischen Tod schon den sozialen Tod gestorben, ist dies häufig ein Grund keine Gedenkstätte für diesen Menschen zu errichten. Auch der Wille niemanden zur Last fallen zu wollen mit Kosten oder Pflege des Grabes veranlasst Menschen auf der grünen Wiese beigesetzt zu werden. Auf diesen anonymen Gräbern gibt es keine Grabsteine, nichts Persönliches. Früher galt dies als Praxis für Straftäter – heute scheint es eine pragmatische Lösung zu sein, welche für nicht wenige Menschen in Frage kommt. Grabsteine gibt es auch in einem Friedwald nicht. Die Bestattung in einem Wald, mitten in der Natur, unter einem Baum, gibt den Angehörigen und Freunden dennoch die Möglichkeit diesen einen bestimmten Ort wiederzufinden, indem der Baum mit einer Nummer markiert wird. Wälder scheinen für viele Menschen ein idyllischer Ort für eine Beisetzung zu sein, denn die Anzahl der Waldfriedhöfe steigt. Friedhofszwang gibt es folglich in diesem Sinne nicht. Christliche Symbole findet man auf einem solchen Gelände oft nicht – aber Ruhe. Seit 1972 ist in Deutschland auch eine Seebestattung möglich. Vorher war dies den Seemännern vorbehalten. Die Urne muss bei dieser Art der Beisetzung schwer genug sein, um auf den Grund sinken zu können, wo sie sich innerhalb weniger Stunden auflösen muss. Der Ort, wo die Urne dem Meer übergeben wurde wird vermerkt. Dabei ist es möglich diesen Ort zum Gedenken wieder zu besuchen. Dort können Angehörige eine Feier zum Jahresgedenken oder auf Wunsch auch mehrmals im Jahr buchen. Gräber werden nach dem Ablauf einer bestimmten Zeitspanne beseitigt, verlängert man die Dauer nicht.